Die Übermutter
Kategorie: Heilpflanze
Der Holunder symbolisiert Mütterlichkeit, Kraft und Wärme. Eine Baummeditation mit dem Moschuskrautgewächse kann tiefe Erkenntnisse bringen und unsere Seele reifen lassen. Die Beeren wiederum stärken das Immunsystem und bodigen Bakterien und Viren.
So stark wie keine andere Pflanze im Alpenraum repräsentiert der Holunder den Geist der grossen Göttin. Mutter Holle, wie der Holunder auch genannt wird, ist die treibende Kraft im zyklischen Jahreskreis und dessen Wandel. Sie zeigt sich in mannigfaltigen Gestalten, trägt viele Namen und wird mit unterschiedlichen Riten um den ganzen Erdenball herum verehrt.
Ihr Name weckt die Erinnerung: Mutter Holle ist die höchste Göttin und das erste Kind der Zeit; sie ist Ursprung und Inbegriff der Natur selbst. Mit allem verflochten existiert Holle zeitgleich auf verschiedenen Ebenen, in einzelnen Lebensabschnitten und mannigfaltigen Verkörperungen. In ihr vereinigen sich die Manifestationen aller Götter und Göttinnen. So ist Holle die Unterweltkönigin der Toten und zugleich die strahlende Himmelskönigin. Die himmel- und erdumspannende Allmutter ist zudem die Herrscherin über die Elemente, die Jahreszeiten und das Wetter.
Sich voll und ganz aufs Leben einlassen
In der traditionellen abendländischen Kräuter- und Lebenslehre ist Mutter Holle ein sehr wichtiger Lebensbegleiter. Bei wegweisenden Entscheidungen und in Sachen Heilkunst weiss sie immer Rat – sie kennt jedes Erdenwesen und weiss, was es benötigt. Begibt man sich meditativ in ihren Schoss, kann man tiefe Prozesse einleiten. Es geht regelrecht ans «Eingemachte». Denn die Holle bringt die Probleme unseres Lebens oft ohne Umschweife auf den Punkt. Doch Vorsicht! Es ist nicht ratsam, mit der Holle in Kontakt zu treten, um einen Ratschlag bei ihr einzuholen, und ihn danach nicht umzusetzen. Sie besitzt eine «grossmütterlich liebende Strenge» – und oftmals bekommt man genau das zu hören, was man nicht hören will. Holle konfrontiert uns gerne mit unseren dunklen Seiten. Das ist wichtig, denn gerade denen dürfen wir uns nicht verschliessen!
Das ist die Botschaft der Holle. Und sie erwartet Ergebnisse. Sie möchte, dass wir uns voll und ganz einlassen aufs Leben und Entscheidungen in Taten umsetzen. Sie mag es nicht, wenn wir unnütz in den Tag hineinleben und unser Leben achtlos vor uns hin leben. Ihr Bestreben liegt darin, dass wir uns stetig weiterentwickeln und nicht stehen bleiben; dass wir überholte Muster ablegen, den Mut aufbringen, unsere Bestimmung zu leben und die dazugehörigen Talente auszufeilen. Wir sollen unser Leben dankbar annehmen und es beschützen und bewahren.
Sehr viel mehr als Grippeschutz
Ein Zwiegespräch mit dem Holunder kann uns also durchaus ins Schwitzen bringen. Unter ihren Zweigen wird dem Meditierenden so richtig eingeheizt, bis es brodelt und dampft. Dieser Prozess ist enorm wichtig! Denn das Schwitzen bringt uns von der Stagnation zurück in einen aktiven Feuerenergieprozess. Wir können darauf vertrauen: Der Holunder wird den nötigen Reifungsschritt, den es zur Heilung benötigt, einleiten. Nicht nur auf geistiger Ebene, sondern auch in Bezug auf den Körper. Göttin Holle macht auch das Immunsystem stark!
Die tiefdunklen Holunderbeeren sind effektive Bakterien- und Virenhemmer. In ihren rot-schwarzen Früchten befinden sich grosse Mengen an Anthocyan-Flavonoid und Phenol, was ihnen eine stark antioxidative Wirkung verleiht. Zudem stärken sie Herz und Kreislauf und haben einen positiven Effekt bei neurodegenerativen Prozessen des Gehirns. Sie wirken entzündungshemmend, zell- und gewebeschützend, antibakteriell und antiviral. Deshalb eignen sich Holunderbeeren respektive der Saft daraus zur Schmerzlinderung, als fiebersenkendes Heilmittel, bei Neuralgien, Gastritis, Trigeminusneuralgie und Ischias-Schmerzen sowie bei Nerven-, Blasen-, Nieren-, Magen-, Darm- und Gelenkentzündungen. Am bekanntesten dürfte indes die heilsame Wirkung bei grippalen Infekten und Atemwegserkrankungen sein (Erkältung, Husten, Bronchitis oder Katarre der Atemwege und der Nebenhöhlen). So lehrt die gute Holle sämtlichen Influenza- und ähnlichen Viren das Fürchten.
Traditionell verwende ich die Beeren auch bei Herpesviren. Zu den durch diese ausgelösten Krankheiten zählen neben Lippen- oder Genitalherpes auch Windpocken, Gürtelrose, das Pfeiffersche Drüsenfieber und wahrscheinlich auch verschiedene Krebserkrankungen. Die Beeren hemmen darüber hinaus das Wachstum von pathogenen Bakterien – so können sie uns etwa während eines Krankenhausaufenthalts vor der Infektion mit antibiotikaresistenten Keimen schützen.
Eine weise Seelenbegleiterin
Die Holle ist auch als Frau Holda bekannt. Holda bedeutet «die Geheimhaltung» im Nordischen, «die Liebenswerte» im Alt- Schwedischen und «das Wiesel» oder «der Maulwurf» im Biblischen, und vor allem: «die Holde», die strahlende und Lichtbringende. Die Mutter- und Fruchtbarkeitsgöttin ist voller Weisheit und Güte. Sie weckt die Lebensgeister, die Lebenskraft und tut dem Gemüt gut.
Der Holunder darf bei keinem Bauernhof fehlen, er wächst gern bei Häusern, am Waldrand und in Hecken. Er ist ein sogenannter Schwellenbaum, eine Brücke zwischen dem Alten und dem Neuen, und behütet mit seinen Talenten auch den Übergang zu Neuem in unserem Leben. Selbst bei seelischen Schwellensituationen wie zum Beispiel Lebenskrisen oder Verlust eines geliebten Menschen, weiss die Holle Rat. Wenn wir uns auf sie einlassen, ist sie uns Stütze bei der Bewältigung und Verarbeitung auch von schwierigsten Situationen. Als Sippenbaum wiederum schützt der Holunder respektive die Holle das Zuhause. Und sie hilft uns, Zugang zur Anderswelt zu bekommen. Das heisst, wir können mit der Hilfe der Holle besser in Kontakt mit unseren Ahnen treten. Zudem unterstützt sie die Seelen auf ihrer Reise.
Die drei heiligen Farben der Holle sind weiss, rot und schwarz. Diese Farben symbolisieren im Jahreskreis des Lebens unter anderem die drei Lebensabschnitte: Das Weiss der Blüte steht für den Frühling, die Unschuld und die Kindheit; das Rot der Doldenstängel symbolisiert den Sommer, die menstruierende, gebärfähige Frau; das Schwarz der Beeren symbolisiert den Winter, die Menopause, die alte Weise und den Tod. Als Initiations- und Fruchtbarkeitsgöttin spielt die Holle – und also der Holunder – in vielen Teilen der Erde in diesen drei Lebensabschnitten auch heute noch eine wesentliche Rolle. Bei den Frauen sind es die Übergänge vom Kind zur Frau, hin zur Weisen bis zum letzten irdischen Übergang, dem Tod. Die Holle hilft auch bei der Initiation, dem Übergang des Knaben zum Mann. Insbesondere lässt sie das männliche Geschlecht die eigene Weiblichkeit erfahren und steht den jungen Männern mit gutem mütterlichem Rat zur Seite – wenn wir uns denn auf die mächtige Göttin und ihre Lehre voll und ganz einlassen: Wollen wir mit Holle in Verbindung treten und sie um Rat und Unterstützung bitten, sollten wir auch bereit sein, den Sprung der Goldmarie in den Brunnen zu wagen – in die Tiefen unserer Gefühle!
Steven Wolf hat schon als Kind von seiner Grossmutter altes Pflanzenwissen gelernt und weiss um die Kraft der Natur mit all ihren sichtbaren und unsichtbaren Wesen. Er lebt in Escholzmatt, wo er zusammen mit seiner Partnerin ganzheitliche Pflanzenkurse für interessierte Menschen durchführt. Im Lochweidli steht dafür eine eigens gebaute Schuljurte. www.pflanzechreis.ch
Holundersaft selber herstellen
Holundersaft ist ein Geschenk an die Lebendigkeit des Seins. Er ist zudem ein wunderbarer Begleiter für die kalte Jahreszeit, weil er das Immunsystem stärkt, schleimlösend wirkt und Blasenentzündungen, die bei feuchtkaltem Wetter häufiger auftreten, natürlich heilt. Wer einen Holunderbusch im Garten hat oder in der Natur findet, kann aus den kleinen schwarzen Beeren einen kräftigen Muttersaft (Direktsaft) herstellen. Kombiniert mit Brombeeren, wirkt der Saft noch intensiver.
Und so gehts: Für ca. 1 Liter braucht es 1 kg Holunderbeeren und 750 g Brombeeren sowie den Saft von 1 Zitrone.
1. Entferne die Holunderbeeren von den Stängeln mit einer Gabel oder den Händen. Sortiere
unreife Beeren und Stängelreste aus.
2. Fülle die Holunder- und Brombeeren in einen Topf und gib ca. einen Zentimeter Wasser hinzu.
3. Lasse die Beeren etwa 15 Minuten kochen. Sie sollten weich und verschrumpelt sein und sich
leicht ausdrücken lassen. Koche sie nicht zu lange, sonst zersetzen sich die wichtigen Vitamine.
4. Filtere die Beeren durch ein altes Küchen- oder Mulltuch, sodass der Saft in einen zweiten Topf
tropfen kann.
5. Drücke die Beerenmasse gut aus (von Hand oder mit einer Gabel).
6. Gib den Zitronensaft dazu und koche nochmals kurz auf.
7. Den heissen Saft in sterile Flaschen abfüllen.
Das heisse Abfüllen ist eine besonders einfache Konservierungsmethode. Bei sauberer Arbeitsweise ist der heiss abgefüllte Beerensaft mehrere Monate lang haltbar. Geniessen können Sie den überaus gesunden Saft im Tee, Punsch oder verdünnt mit heissem Wasser. Man kann den Holundersaft auch gut mit Apfel-, Birnen- oder Cassissaft kombinieren. Darüber hinaus eignet er sich für süsse Saucen, selbstgemachtes Eis, passt gut zu Griessspeisen, Pudding, pikanten Saucen und vielem mehr.
Das gilt es zu beachten:
Blütezeit:Mai bis Juli
Sammelzeit: Blüten von Juni bis Juli, Beeren von September bis Oktober
Beeren sind roh unbekömmlich Die Früchte sollten nicht roh verzehrt werden. In den Blättern, den unreifen Beeren und in den Samen der reifen Beeren ist ein Blausäureglykosid enthalten, Sambunigrin, ein schwach giftiger Stoff. Er kann bei Kindern und empfindlichen Erwachsenen Erbrechen, Durchfall, Krämpfe und Magenschmerzen verursachen. Sobald die Beeren über 80 Grad Celsius erhitzt werden, wird das Sambunigrin zerstört.