Sinnlich Gärtnern
Kategorie: Natur
Die Natur geniessen, wärmende Sonnenstrahlen auf der Haut spüren, mit den Händen in der frischen Erde buddeln, die Pflanzen um einen herum bestaunen und sich von ihrem Duft betören lassen – Gärtnern spricht alle Sinne an.
Weg vom Sofa und den Bildschirmen, raus an die frische Luft, Bewegung, Bewegung: Gärtnern ist regelrecht ein Aufruf, das Leben zu leben und zu geniessen! Beim Gärtnern kann ich so richtig auftanken, ich fühle mich lebendig dabei und glücklich. Ich bin da keine Ausnahme, und das kommt nicht von ungefähr. Gärtnern hält auch fit. Für mich als Gärtner bedeutet der Einsatz im Grünen indes vor allem eine enorme gestalterische Freiheit und eine innige Verbundenheit mit der Natur. Das Werkeln auf Balkon, Terrasse und im Garten schenkt mir nicht nur Glück, sondern auch Gelassenheit. Allein schon durch Ihre Düfte, Formen und Farben sind die Pflanzen eine Wohltat für unsere Seele.
Ich habe mir in dieser virenverrückten Zeit öfters die Frage gestellt, was mich wirklich glücklich macht. Meine Antwort dazu lautet: körperliche und geistige Gesundheit! Denn dieses Glück ist sehr viel erfüllender, als das von aussen suggerierte Glück durch allerlei Konsum, der immer nur, wenn überhaupt, kurzfristig befriedigt.
Annehmen ohne Wertung Natur und Garten sind für mich Rückzugsorte, «save spaces», an denen ich Durchatmen und meine Batterien aufladen kann. Hier finde ich Inspiration, Kraft und Lösungsideen für die Herausforderungen des täglichen Lebens, denen ich in der Arbeitswelt und in den Beziehungen zu Mitmenschen ausgesetzt bin. Die Natur ist dabei sozusagen meine engste Verbündete; sie schenkt mir Ruhe und Gelassenheit, um mich dem Alltag und den Anforderungen zu stellen. In einer Naturerfahrung trete ich mit einem Baum, einer ganzen Wiese oder einer bestimmten Heilpflanze in Beziehung. Es ist eine Beziehung, in der mich der Baum, die Wiese oder die Heilpflanze so annimmt und sein lässt, wie ich bin. Und das ist ein extrem gutes Gefühl. Ich glaube, es ist genau das, was mich in der Natur so beglückt: Dass Pflanzen und Tiere nicht über mich urteilen und keine wertende Meinung über mich haben. Ich denke, das ist auch ein Grund, warum sich Menschen in dieser schwierigen Zeit so viele Haustiere zugelegt haben. Ein Hund oder eine Katze ist für jegliche Streicheleinheit dankbar – und er oder sie liebt uns ohne Wenn und Aber, so wie wir sind. Auch deshalb ist Gärtnern mehr als ein schönes Hobby, sondern Balsam für Körper, Seele und Geist. Eingebunden zu sein in Naturprozesse und für Pflanzen Verantwortung zu übernehmen, gibt mir Kraft und Selbstvertrauen. Schutz vor Schädlingen Unkraut, Schädlinge und auch Wildtiere muss man im Sommer besonders im Auge behalten. Neben Vögeln sind die Jungpflanzen auch für Schnecken, Blattläuse, Erdflöhe, Nachtfalter, Füchse und andere Eindringlinge ein Schmaus. Deshalb machen wir morgens und abends Gartenrundgänge, um die Beete nach unliebsamen Genossen abzusuchen. Einige Gemüsesorten überdecken wir während der ganzen Kultur- beziehungsweise der möglichen Befallzeit zum Schutz vor Schädlingen mit feinmaschigen Netzen. So schützen wir sämtliche Kohlgewächse gegen den Kohlweissling, Karotten, Sellerie und Petersilie gegen die Karotten- oder Möhrenfliege, Lauch gegen die Lauchmotte. Dadurch lässt sich verhindern, dass die Schädlinge ihre Eier auf der Pflanze ablegen. Netze mit mittelgrossen Maschen halten Vögel von Gemüse, Beeren und Obstbäumen ab. Auch Mischkulturen von Lauch, Karotten und Zwiebeln haben sich bewährt, da diese Pflanzen sich durch ihre Ausdünstung gegenseitig darin unterstützen, unliebsame Schädlinge fernzuhalten. Über die Jahre haben wir festgestellt, dass unsere selbst gezogenen Jungpflanzen gegenüber den zugekauften viel schädlingsresistenter und robuster sind. Unter den Obstbäumen pflanzen wir Lavendel, Kapuzinerkresse und Knoblauch – das hält Läuse fern. Sollte an feuchtheissen Frühsommertagen doch einmal eine Läuseplage auftreten, stellen wir umgestülpte, mit Holzwolle gefüllte Tontöpfe als Unterschlupf für Ohrwürmer auf. Diese unermüdlichen Helfer sind neben den Marienkäfern wahre Weltmeister im Läusevertilgen. Fenchel, Dill und Koriander wiederum locken Schwebfliegen und Schlupfwespen an, die Kohlweisslingen und Blattläusen den Garaus machen. Gärtnern statt grübeln Ich muss es eingestehen, dieses Jahr konnte ich es kaum erwarten, endlich wieder in der Erde zu wühlen, Äste zu stutzen, Kräuter- und Gemüsesamen auszusäen und in Beete und Balkonkästen zu setzen. Die Arbeit in der Natur ist nicht nur eine schöne Beschäftigung, sondern sie ist auch nachweislich gesund. Denn der Aufenthalt an der frischen Luft stärkt das Immunsystem und hält fit, kommt doch der Kreislauf bei der Gartenarbeit so richtig in Schwung. Was die Gartenarbeit für mich aber einzigartig macht, ist, dass mich die Beschäftigung mit den Pflanzen erdet und zufrieden macht. Wer gärtnert, grübelt nicht. Säen, Pflanzen und mit den Händen in der Erde wühlen hat eindeutig meditativen Charakter. Wenn ich Setzlinge in neu angelegte Beete pflanze, den frischen Duft von geschnittenem Gras und Kräutern schnuppere oder sonnengereifte Erdbeeren direkt von der Pflanze nasche, lösen sich Hektik und Sorgen schnell auf. Ich erinnere mich gerne an meinen Grossvater, der zu sagen pflegte: «Schlaf ist der grösste Heiler und wenn es Dir mal nicht gut geht, geh raus an die frische Luft und buddle ein wenig im Garten.» Wer neben Blumen auch Obst, Gemüse und Kräuter pflanzt, der kann gleich mehrfach profitieren. Nicht nur von der körperlichen Ertüchtigung, der frischen Luft und Sonne, der Entspannung und dem Genuss, sondern auch von frischen, gesunden Lebensmitteln. Bei dem, was wir selbst anbauen, wissen wir genau, woher es kommt; keine Pestizide wurden verwendet und keine fossilen Energien verschwendet durch lange Transporte. Und vor allem: Selbstgezogenes und liebevoll Gehegtes schmeckt einfach am besten! Aber selbst wenn es mal, was im Sommer kaum je der Fall ist, nichts zu ernten gäbe: Ich liebe es, frühmorgens durch den Garten zu schlendern, wenn die Tautropfen auf den Blättern des Frauenmantels hängen, und, den Lavendelduft in der Nase und Vogelgezwitscher in den Ohren, das Obst und Gemüse beim Wachsen zu beobachten. Das tut mir einfach gut. Ich bin überzeugt: So ein Gartenaufenthalt beruhigt das Gemüt und ist die beste Einstimmung und Vorbereitung auf die Herausforderungen des täglichen Lebens.
Gartenarbeit im Juni Frisch gepflückte Erbsen, Spargeln, Salate und Erdbeeren bereichern jetzt unseren Speiseplan. Die meisten Gartenpflanzen sind noch klein. Macht nichts, junges, zartes Gemüse schmeckt eh am besten. Und denkt daran: Mit der Sonnenwende beginnt auch schon die Anzucht von Herbstgemüse. Nutzgarten ● Sonnenwarmer Boden ist die beste Voraussetzung zur Saat von Busch- und Stangenbohnen. Bei ungünstiger Witterung Stangen- und Spargelbohnen geschützt vorkeimen, danach als kleine Pflänzchen mit Startvorteil auspflanzen. ● Gestaffelt werden weiter Radieschen, Sommerrettich, Karotten und Salate gesät. ● Frasslöcher der Erdflöhe an den Blättern von Radieschen, Rettich, Rucola und Kohlarten sind lästig. Erdflöhe meiden feuchte Böden oder werden vertrieben von Salat, Spinat und Holunder. Darum anfällige Pflanzen in Mischkultur mit Salat pflanzen, den Boden gleichmässig locker und feucht halten und mit Salat-, Spinat- oder Holunderblättern mulchen. Auch Pflanzenbrühen aus Rainfarn oder Wermut vertreiben die Plagegeister. ● Alle vorgezogenen Kräuter und Sommergemüse wie Tomaten, Melonen, Kürbis, Kohlarten, Kohlrabi, Zucchini, Patisson und Lauch auspflanzen. ● Nach der Sonnenwende werden Herbstgemüse wie Zuckerhut, Endivie, Herbstfenchel, Winterlauch, Radicchio und Chinakohl in Schalen gesät. ● Die Spargel- und Rhabarberernte wird nach Johanni (24. Juni) beendet. Die Pflanzen erhalten Dünger und Zeit für Wachstum und reichen Ertrag im Folgejahr. ● Frei gewordene Beete nie brach belassen. Gründüngung (z.B. Buchweizen, Tagetes, Phacelia, Senf) ist rasch ausgebracht und auch rasch wieder entfernt. ● Bohnen, Kohl und Lauch werden angehäufelt. ● Tomaten regelmässig wässern, Seitentriebe ausbrechen und den Boden mit Mulch abdecken. ● Pflanzen mit hohem Nährstoffbedarf wie Kohl, Wirz und Lauch mit Kompost und stickstoffbetonter Düngung versorgen. ● Kräuter regelmässig ernten. Basilikum, Dill, Gewürz-Fenchel und Minze regelmässig auf Seitentriebe zurückschneiden, damit daraus zarte Zweige nachwachsen.
Ziergarten
● Stauden wie Rittersporn, Karthäusernelke, Lupine und Katzenminze nach der Blüte auf ca. zehn Zentimeter über den Boden zurückschneiden. So blühen viele im Spätsommer ein zweites Mal.
● Wer Iris erhalten will, teilt nach der Blüte alte Horste.
● Auch einjährige Sommerblumen blühen erneut, wenn Verblühtes regelmässig entfernt, die Samenbildung vermieden und ausreichend gedüngt wird.
● Abgeblühte Polsterstauden wie Blaukissen zurückschneiden, damit die Pflanzen kompakt bleiben.
● Blütensträucher und Gehölze wie Flieder, Forsythie sowie Weigelie, Schneeball und Kornelkirschen, die im Frühjahr am einjährigen Holz blühen, nach der Blüte zurückschneiden.
● Hecken bleiben dicht, wenn diesjährige Triebe Ende Juni eingekürzt werden.
● Rasen regelmässig mähen. Bei andauernder Trockenheit abends einmal wöchentlich ausgiebig wässern. Während einer Feuchtwetterperiode düngen.
Rosen vor Krankheiten schützen Im Juni ist Rosenzeit: Buschrosen und Rambler blühen um die Wette, dass es eine Freude ist. Aber Schönheit hat auch ihren Preis. Heisst: Damit Rosen üppig blühen, wollen sie richtig gepflegt sein. Mit Mehltau, Sägewespen und Blattläusen bekommt es wohl jeder Rosenliebhaber früher oder später zu tun. Die alten Rosensorten sind weniger anfällig und manche Sorten wie zum Beispiel die Rugosa- oder Kartoffelrose bekommen praktisch keine Krankheiten. Oft sind es immer die gleichen Stöcke, die anfälliger sind als andere. Darum behandeln wir vorbeugend mit biologischen Spritzmitteln. Folgende Massnahmen haben sich bewährt: ● Nach dem Schneiden immer alles Laub entsorgen. Befallenes Laub nicht kompostieren, sondern separat lagern! Wir haben dafür einen separaten Kompostplatz am Rande des Gartens angelegt. ● Mit dem Blattaustrieb beginnend, spritzen wir regelmässig vorbeugend alle 10 bis 14 Tage mit einem biologischen Stärkungsmittel (z.B. Foenicur, www.biogarten.ch) und einer Milch-Wasser-Mischung (Verhältnis 1:6). Wenn man die ersten Anzeichen sieht, ist der Befall schon fortgeschritten. ● Gleichzeitig hängen wir Schlupfsäcke für Ohrwürmer auf, die mit den Blattläusen aufräumen.
Frances und Remo Vetter sind als freischaffende Gartengestalter, Referenten und Buchautoren unterwegs.
Fotos: dave brüllmann | getty-images.com | dave brüllmann, at verlag| www.at-verlag.ch