Mundhygiene – mehr als nur Zahnpflege
Jeder Zahn ist eng verbunden mit dem Organismus. Deshalb betrachtet die Naturheilkunde auch die Zähne nicht isoliert vom Gesamtsystem Mensch. Sind das Zahnfleisch, die Mundflora und die Zähne in Balance, ist dies die beste Grundlage für Ihre Gesundheit.
Laura Columberg
P enibler Mundhygiene zum Trotz – der Mund ist voller Bakterien und das ist gut so, denn diese Mikroorganismen bilden unsere Mundflora. Je vielfältiger die Bakterien darin vorkommen, desto besser. Sie unterstützten den Organismus bei der Nahrungszersetzung, wehren schädliche Keime ab und stärken unser Immunsystem. Das feuchtwarme Milieu macht den Mundraum jedoch zu einem idealen Brutkasten für schädliche Bakterien, die sich hauptsächlich von zuckerhaltigen Speiseresten ernähren. Je mehr Zucker verzehrt wird, umso schneller können sich diese Bakterien vermehren und so das Gleichgewicht der Mundflora zerstören. Entzündungen, Zahnstein und weitere Erkrankungen sind die Folge.
Mögliche Erkrankungen im Mund- und Zahnbereich
Die bekannteste Zahnkrankheit ist Karies – Löcher in den Zähnen. Bakterien bilden beim Abbau von Kohlenhydraten wie Zucker Säuren. Diese Säuren demineralisieren den Zahn und schädigen den Zahnschmelz und das Zahnbein. An Karies sind ungefähr 94 Prozent der Erwachsenen erkrankt. Eine erschreckende Zahl, die mitunter durch unsere moderne Lebensweise mit schneller Ernährung mithilfe von zuckerhaltigen Fertigprodukten, aber auch wegen mangelhafter Mund- und Zahnhygiene verursacht wird. Weitere Erkrankungen die häufig vorkommen:
- Mundgeruch, Zahnstein (Plaque)
- Zahnfleischbluten, Zahnfleischentzündungen (Gingivitis)
- Entzündungen des Zahnhalteapparates (Paradontitis)
- Aphten
- Abszesse, Zysten
Mundgeruch und Zahnstein – durch mangelnde Mundhygiene
Mundgeruch und Zahnstein entstehen meist durch eine mangelnde Mundhygiene, wodurch Bakterien die Zersetzung von Speiseresten und die Plaque-Bildung fördern. Dabei entstehen Schwefelverbindungen, die für den unangenehmen Geruch verantwortlich sind. Bei langanhaltendem Mundgeruch sollte die gesamte Verdauungsfunktion betrachtet werden. Nicht selten steigt der Geruch aus dem Magen auf und kann erst durch sanfte Bitterstoffe wie Löwenzahn, Schafgarbe oder Engelwurz vermindert werden. Das Kauen von Nelken oder frischen Pfefferminzblättern aber auch ein Schluck Zitronensaft, können im Akutfall helfen den Mundgeruch zu lindern.
Zahnstein entsteht, wenn Plaque mineralisiert und sich fest an den Zähnen ablagert
Prophylaktisch wertvoll sind zwei bis drei tägliche und gründliche Zahnreinigungen mithilfe der elektrischen Zahnbürste. Warten Sie nach dem Essen 30 Minuten mit dem Putzen, ansonsten wird der Zahnschmelz angegriffen und die Zähne immer sensibler und schmerzempfindlicher. Zahnzwischenräume sollten spätestens am Abend mit einer Munddusche oder Zahnzwischenraumreiniger gründlich gereinigt werden. Zudem freut sich der Mundraum über eine sanfte und natürliche Mundspülung mit Salbei, Ratanhia, Myrrhe, Teebaumöl oder Kamille. Fachpersonen in einer Drogerie oder Apotheke können Ihnen verschiedene natürliche Produkte zeigen. Denn die intensiven, auf der Zunge brennenden Mundspülungen schwächen die Mundflora.
«Je vielfältiger die Bakterien im Mund vorkommen, desto besser.»
Entzündetes Zahnfleisch – Schmerzen lindern und kräftigen
Wenn Plaque nicht regelmässig entfernt wird, setzen sich Bakterien darauf am Zahnfleischrand ab und lösen Entzündungen aus. Zu den ersten Anzeichen gehören Zahnfleischbluten, insbesondere beim Zähneputzen, sowie Rötung und Schwellung des Zahnfleisches. Bei kurzfristigen Beschwerden können Spülungen mit gerbstoffhaltigen Heilpflanzentees wie Ringelblume, Kamille oder Salbei schmerzlindernd und entzündungshemmend wirken. Ratanhia – eine besondere Heilpflanze aus den Anden – stärkt das Zahnfleisch und die Mundflora. Im Fachhandel gibt es Fertigprodukte mit dieser Heilpflanze.
Zur prophylaktischen Stärkung des Zahnfleisches oder für die akute Beruhigung empfiehlt sich das Ölziehen (siehe Box). Die bewährte ayurvedische Methode hat antibakterielle Eigenschaften, pflegt die Mundschleimhaut, entgiftet den Körper und stabilisiert die Mundflora. Bei längerfristigen Beschwerden sollte die ganzheitliche Ursachenforschung betätigt werden. Dabei können Fragen helfen wie: Werden blutverdünnende Medikamente oder starke Schmerzmittel eingenommen? Liegt ein Mangel an Vitamin C oder B9 (Folsäure) vor?
Chronische Entzündungen schwächen den Organismus, da es sich bei einer Entzündung um einen Abwehrmechanismus handelt – ausgerichtet auf kurze und akute Zeitspannen. Bei langfristigen Entzündungsprozessen wird das gesamte körperliche System überfordert, Bakterien werden über das Blutsystem verschleppt und es kann zu weiteren Erkrankungen wie Asthma, Herz-Kreislauf-Beschwerden oder psychischen Veränderungen kommen.
Paradontitis – nicht verharmlosen
Parodontitis entsteht aus einer unbehandelten Zahnfleischentzündung. Mit der Zeit kann diese Entzündung das tiefere Gewebe um die Zähne schädigen und zu Zahnverlust führen. Sie sollten bei fortgeschrittenem Stadium zwingend einen ganzheitlichen Zahnarzt aufsuchen und sich fachmännisch helfen lassen. Behandeln Sie Zahnfleischentzündungen frühzeitig, indem Sie bei ersten Anzeichen Spülungen (siehe Rubrik Zahnfleischentzündungen) mit gerbstoffhaltigen Heilpflanzen vornehmen und mit Öl ziehen starten.
Aphten – schmerzhaft aber gut behandelbar
Bei Aphten handelt es sich um weissliche Schleimhautdefekte, die häufig am Zahnfleisch, an der Innenseite der Lippen oder auf der Zunge entstehen – meist nach einer mechanischen Verletzung oder bei Schwächung des Immunsystems. Aphten sind schmerzhaft und erschweren je nach Lage, das Sprechen oder die Nahrungsaufnahme. Meist heilen kleine Aphten innert wenigen Tage bis einer Woche von selbst aus. Grössere Aphten können für den Heilungsprozess mehr Zeit in Anspruch nehmen. Naturheilkundlich hilft alles, was entzündungshemmend wirkt und die Schleimhaut stärkt. So zum Beispiel Mundspülungen mit Salz, Kamille-, Salbei- oder Myrrhe-Tinkturen. Lokale Anwendungen mit ätherischem Teebaum- oder Nelkenöl können die Schmerzen lindern. Besonders das Nelkenöl löst eine intensive örtliche Betäubung aus. Dies kann etwas unangenehm sein – tasten Sie sich langsam an die Anwendung. Manchmal werden Aphten durch Zitrusfrüchte, Walnüsse oder Wurstwaren verursacht. Es kann sich lohnen, bei häufigem Auftreten von Aphten diese mal wegzulassen.
Abszesse und Zysten – ein Fall für die ganzheitliche Zahnmedizin
Ein Abszess ist eine Eiteransammlung, die durch eine bakterielle Infektion hervorgerufen wird und zu Schwellungen, Schmerzen und Rötungen im betroffenen Bereich führt. Zysten sind mit Flüssigkeit gefüllte Hohlräume. Beide Formen entstehen meist durch Verletzungen oder nach Zahnbehandlungen. Sie müssen zwingend zahnärztlich behandelt werden. Ergänzend können mithilfe der Naturheilkunde die Selbstheilungskräfte unterstützt werden. Zum Beispiel mit einem passenden homöopathischen Mittel, einer spagyrischen Mischung aus Arnika, Gänseblume, Lebensbaum und Kamille oder einer Blütenessenz als Notfallmittel. Suchen Sie hierfür eine Fachperson in der Naturheilpraxis auf.
Mundgesundheit – die richtige Prophylaxe verhindert Störfelder
«An jedem Zahn hängt ein ganzer Mensch.» Das jahrhundertalte Zitat von Paracelsus ist bis heute in naturheilkundlichen Denkweisen verankert. Die Bedeutung der menschlichen Zähne geht weit über die Funktion des blossen Kauens hinaus. Die Naturheilkunde verfolgt den Ansatz, dass die Zähne, der Organismus und die Psyche eng miteinander verknüpft sind. Ein kranker Zahn kann somit den gesamten Körper schwächen und neue Beschwerden auslösen oder alte verstärken. Jedem Zahn ist ein Organ zugeordnet. Ist der Zahn erkrankt, kann sich dies an dem jeweiligen Organ äussern und umgekehrt. Dabei entsteht ein sogenanntes Störfeld, das ermittelt werden muss, damit Heilung überhaupt stattfinden kann. Störfelder verzögern oder blockieren durch ihr Einwirken das Überwinden einer Erkrankung. Bei Themen, die sich immer wieder zeigen oder plötzlich neu nach einer Zahnbehandlung auftreten, sollte an ein Störfeld gedacht werden.
Die Wichtigkeit einer passenden Mundhygiene liegt daher auf der Hand. Nicht nur aus hygienischer Sicht, sondern vor allem aus gesundheitlicher. Natürliche Zahnpflegeprodukte finden sich mittlerweile in vielfältiger Auswahl in Fachgeschäften wie Drogerien und Reformhäusern. Von rein pflanzlicher Zahnpasta, über mineralisch-salzige Produkte, zu Kräutermundwasser oder Mundziehölen – für jedes Bedürfnis findet sich etwas. Das Bewusstsein für die eigene Mundflora ist bei vielen Menschen wieder in den Fokus gerutscht. Sie achten auf eine zuckerarme Ernährung, meiden stark säurebildende Lebensmittel, die den Zahnschmelz angreifen, nehmen die Zahnreinigung ernst und greifen zu alternativen Zahnpasten. Viele herkömmliche Produkte enthalten problematische Bestandteile, welche die Mundgesundheit schwächen. So stehen zum Beispiel Schaumbildner und Fluor in Verdacht, die Mundschleimhaut zu irritieren und die Mundflora zu schwächen, was den Eigenschutz vor Krankheiten verringert. Eine schonende und achtsame Mund- und Zahnpflege ist der Schlüssel für eine robuste Gesundheit.
Öl ziehen – so geht’s:
- 1 EL Kokos- oder Sesamöl morgens nüchtern in den Mund nehmen.
- 10 bis 15 Minuten im Mund behalten und ähnlich wie eine Mundspülung durch die Zähne. Starten Sie mit wenigen Minuten und steigern Sie die Dauer des Ölziehens langsam.
- Anschliessend sollte das Öl in ein Taschentuch gespuckt (ansonsten verstopft sich der Lavabo-Abfluss) und entsorgt werden.
- Mund nochmals gut mit lauwarmem Wasser nachspülen.
Laura Columberg
Dipl. Naturheilpraktikerin TEN mit eigener Praxis in Brugg AG. Spezialisiert auf Frauen- und Kinderheilkunde. www.praxiscolumberg.ch