Kleine Drüse mit grosser Bedeutung

Der bösartige Prostatakrebs gehört bei den Männern zu den häufigsten Krebsarten. Die Schulmedizin setzt auf Früherkennung, Operation und Bestrahlung. In der Naturheilmedizin stehen die Stärkung des Immunsystems und die Krebszellenbekämpfung im Zentrum.

Fabrice Müller

«Bei der gutartigen Vergrösserung der Prostata merken die Betroffenen meist selbst, dass etwas nicht stimmt», sagt PD Dr. med. Thomas Hermanns, Facharzt für Urologie an der Klinik Hirslanden in Zürich. Dazu gehören zum Beispiel ein schwacher Harnstrahl, Drangbeschwerden oder nächtlicher Harndrang. Anders sehe es hingegen bei einem Prostatakrebs aus, der meist asymptomatisch ist: «Der Prostatakrebs verursacht zu Beginn meist keine Beschwerden, sodass er von den Betroffenen auch nicht bemerkt wird.»

Bei den Männern zählt die bösartige Erkrankung der Prostata, auch Vorsteherdrüse genannt, zu den häufigsten Krebsarten. Jedes Jahr erkranken in der Schweiz laut der Krebsliga etwa 7100 Männer an Prostatakrebs. Die Prostata gehört zu den inneren Geschlechtsorganen des Mannes. Sie liegt unterhalb der Harnblase und umgibt den obersten Abschnitt der Harnröhre. Die Prostata produziert einen Teil der Samenflüssigkeit. Gleichzeitig bildet sie das prostataspezifische Antigen (PSA). Das PSA verflüssigt die Samenflüssigkeit. Für Männer ab dem 50. Lebensjahr gilt die Empfehlung, sich mit dem Ziel einer Früherkennung regelmässig bei einem*r Urolog*in beraten und untersuchen zu lassen.

Verschiedene Untersuchungen nötig

Wie laufen diese Untersuchungen ab? Meist sind laut Thomas Hermanns mehrere Untersuchungen notwendig, um die Diagnose Krebs auszuschliessen oder zu bestätigen. Der Arzt oder die Ärztin stellt Fragen zur bisherigen Krankengeschichte. Berücksichtigt wird auch die Krankengeschichte von Familienmitgliedern. Anschliessend führt man eine körperliche Untersuchung durch wobei die Prostata mit dem Finger über den Enddarm untersucht wird. Durch eine Blutuntersuchung wird bei den Männern der Tumormarker PSA bestimmt, der den Ärzt*innen Hinweise über das Vorliegen eines Prostatakrebses gibt. Der PSA-Wert ist allerdings nicht nur beim bösartigen Prostatakrebs erhöht, sondern kann auch bei der gutartigen Vergrösserung der Prostata oder bei Entzündungen der Prostata erhöht sein. Somit ist mit dem PSA-Test meist keine sichere Vorhersage eines Prostatakrebses möglich.

In den letzten Jahren konnte vor allem mit der Magnetresonanztomographie (MRT) der Prostata die Vorhersagesicherheit eines Prostatakrebses weiter verbessert werden. Weitere bildgebende Verfahren die zur Diagnostik von Erkrankungen der Prostata eingesetzt werden, sind Ultraschall-Untersuchungen, die Computertomographie (CT), die Szintigraphie und Positronenemissionstomographie (PET). Mit diesen Untersuchungen lässt sich besser abklären, ob eine Vergrösserung oder eine tumorverdächtige Veränderung der Prostata oder sogar schon Ableger eines Prostatakrebses vorliegen. «Bevor die Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt werden, ist es wichtig, den Patienten darüber aufzuklären, was diese Untersuchung letztendlich für Folgen haben könnte», betont Thomas Hermanns. Wenn sich der Verdacht auf einen Prostatakrebs erhärtet, ist zur genauen Diagnosestellung immer eine Gewebsentnahme aus der Prostata notwendig.

Drei etablierte Therapiemethoden

Der Prostatakrebs hat viele Gesichter. Meist sind die diagnostizierten Tumore wenig aggressiv und langsam wachsend, sodass das Risiko für eine Ausbreitung im Körper (sog. Metastasierung) klein ist. «Deshalb braucht ein Grossteil der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose gar keine Therapie. Es reicht, den Krebs in den folgenden Monaten und Jahren mit dem PSA-Bluttest, MRT-Untersuchungen und regelmässigen Prostatabiopsien zu überwachen », sagt Thomas Hermanns. Sollte sich bereits am Anfang oder im Verlauf einer aktiven Überwachung ein so bösartiger Krebsbefund an der Prostata zeigen, dass eine Therapie sinnvoll ist, arbeitet die Schulmedizin mit drei Therapiemethoden. Der operative Eingriff beinhaltet die Entfernung der Prostata und der Samenblase sowie oft der Lymphknoten im kleinen Becken. «Wir empfehlen dieses Vorgehen vor allem jüngeren und sehr fitten Patienten, weil man langfristig gute Erfahrungen mit dieser Methode gemacht hat», begründet Thomas Hermanns. Ausserdem besteht bei einem Wiederauftreten der Erkrankung trotz Operation eine zweite Heilungschance durch eine Strahlentherapie.

Bei älteren Patienten muss die Indikation für eine Operation gut abgewägt werden. Die Rekonvaleszenz nach eine Operation ist bei älteren Patienten oft langsamer, sodass hier auch besonders die Option einer primären Strahlentherpaie mit dem Patienten besprochen werden sollte. In den allermeisten Fällen wird die OP heutzutage mit Hilfe eines sogenannten Da-Vinci-Roboters vorgenommen, was ein sehr genaues Operieren ohne grossen Bauchschnitt ermöglicht Zu den möglichen Nebenwirkungen einer Operation zählen die Inkontinenz und die Einschränkung der Sexualfunktion. Eine schwere und andauerende Inkontinenz nach einer roboterassistieren, minimalinvasiven Operation ist selten. Risikofaktoren für eine postoperative Inkontinenz sind neben einem zunehemenden Alter der Patienten auch Vorerkrankungen wie Diabetes oder Adipositas. Wie Thomas Hermanns erklärt, können die Einschränkungen bei der Erektion oftmals medikamentös behandelt werden.

Bestrahlung und Hormonbehandlung

Neben der Operation kann der Prostatakrebs von aussen bestrahlt werden. Die Bestrahlung wird oft mit einer temporären Hormonbehandlung kombiniert, bei der den betroffenen Männern für eine gewisse Zeit (6 bis 36 Monate) mit einem Medikament das Testosteron entzogen wird. «Hierdurch kommt es auch zu Störungen der Sexualfunktionen (Libidoverlust, Erektionsstörungen). Ausserdem führt der Testosteronentzug oft zu Wallungen, Antriebslosigkeit und Müdigkeit. Die Bestrahlung selbst kann zu Drangsymptomen sowohl beim Wasserlösen als auch beim Stuhlgang führen», informiert der Urologe. Bei der Seed-Brachytherapie wird der Tumor von innen bestrahlt. Dafür werden kleine radioaktive Metallstifte, «Seeds» genannt, in der Prostata platziert. Sie ermöglichen eine lokal begrenzte und damit sehr gezielte Bestrahlung des Karzinoms. Diese Methode hat sich als eine schonende und gleichzeitig sehr wirksame Behandlung etabliert, wird aber aufgrund der immer genaueren Techniken der Bestrahlung von aussen immer weniger durchgeführt.

Was sagt die Naturheilmedizin?

Für Dr. med. Barbara Bichsel, Fachärztin und Komplementärmedizinerin in einer Onkologiepraxis in Sargans, stehen die meisten Krebserkrankungen in Zusammenhang mit einem Ereignis, das sich bei den Betroffenen vor fünf bis zehn Jahren ereignet und sich auf die Psyche ausgewirkt hat. Oft habe dieses Ereignis, sei es ein schwerer Schicksalsschlag oder übermässiger Stress, das Immunsystem stark geschwächt. «Als Folge davon hat das Immunsystem die Kontrolle über die Krebszellen, von denen wir ja täglich bis zu 2000 produzieren, verloren», erklärt die Ärztin. Als Komplementärmedizinerin setzt Barbara Bichsel auf die ergänzende Behandlung der Patienten, sei es nach einer OP oder im Rahmen einer Bestrahlung. «Ich habe gute Erfahrungen mit der Misteltherapie gemacht. Sie stützt das Immunsystem, stärkt die Lebenskraft und fördert die Reparaturvorgänge. » Je nach Fall und Patient kombiniert die Komplementärmedizinerin die Therapie mit homöopathischen Mitteln, die auf der seelischen und energetischen Ebene grundlegende Heilarbeit leisten.

Von Brennnesselkraut bis Sägepalmfrüchte

Auch die Phytotherapie leistet wertvolle Hilfe bei der Krebsbekämpfung. Zu folgenden Heilpflanzen liegen positive Studiendaten vor: Brennnesselkraut, Brennnesselwurzel, Kürbissamen und Sägepalmfrüchte. Gute Erfahrungen werden zudem mit Buccoblättern, Heidekraut, Hopfen, Mannstreukraut, Pappelrinde, Sumachwurzelrinde, Walddolderkraut und Weidenröschenkraut gemacht. Bereits aus den Schriften von Hildegard von Bingen weiss man um die positive Wirkung der Rainfarn-Urtinktur. So schreibt die natur- und heilkundige Universalgelehrte: «Und wer immer den Harn nicht lassen kann, sodass er vom Stein bedrängt wird, der zerstosse Rainfarn und seihe seinen Saft durch ein Tuch, und er gebe etwas Wein bei, und so trinke er oft, und das Harnverhalten wird gelöst, und er lässt ihn hinaus.» Obwohl hier von Blasen- und Nierensteinen die Rede ist, soll diese Methode auch bei Prostataproblemen helfen.

Kanadische Forschende um Biochemie-Professor Siyaram Pandey von der Universität Windsor forschen mit einem Extrakt aus Löwenzahnwurzeln. Offenbar konnte das Forschungsteam in Laboruntersuchungen nachweisen, dass das Mittel von der Wiese die Zahl an Krebszellen deutlich senkt. Vermutlich enthält das Löwenzahnextrakt – so die Forscherinnen und Forscher aus Windsor – eine Substanz, die bei Krebszellen den programmierten Zelltod auslöst. Gesunde Zellen indes werden von dieser Wirkung verschont.

Einfluss der Vitalstoffe

Laut der Orthomolekularmedizin spielt der Vitamin-D-Spiegel eine wichtige Rolle bei der Krebsbehandlung. Studien zeigen unter anderem, dass die Zufuhr von 6000 Vitamin-Einheiten täglich zu einer Besserung führt. Lycopin, ein Carotinoid aus der Tomate, wird eine Schutzwirkung gegen die Entstehung von Prostatakrebs nachgesagt. Weitere Vitalstoffe wie Vitamin A, Beta Carotin, Vitamin C, Vitamin E sowie die Spurenelemente Zink und Selen sind ebenfalls nicht zu unterschätzen. In der Naturheilmedizin geht man ferner davon aus, dass Prostataprobleme mit einem viel zu niedrigen Antioxidantenspiegel zu tun haben.

Zusammensetzung des Urins

Bei der Entstehung von Prostatakrebs scheint unter anderem auch die Zusammensetzung des Urins ein entscheidender Faktor zu sein. Saurer, konzentrierter Urin gilt als besonders reizend, insbesondere die im Urin allgegenwärtige Harnsäure. Hier gilt: Je saurer und konzentrierter der Urin, desto mehr reizt er die Blase und Prostata, aber zugleich ebenso die Entzündungsprozesse in der Prostata. Deshalb kommt der Spülung der ableitenden Harnwege durch einen hohen Flüssigkeitskonsum, idealerweise reich an basenbildenden Mineralien wie Kalium- und Magnesiumcitrat, eine grosse Bedeutung zu.

Einfluss durch die Ernährung

Ebenfalls eine wichtige Rolle beim Prostatakrebs spielt die Ernährung. Hierzu ein spannender Vergleich: In westlichen Industrieländern kommt Prostatakrebs zehnmal häufiger vor als in Ostasien. Zurückgeführt wird dieser Unterschied auf die dortige Ernährung, die meist reich an Pflanzenstoffen, vor allem Phytohormonen aus Soja und Grüntee sowie Ballaststoffen und Fisch, ist. Fleisch hingegen steht in Ostasien eher selten auf dem Speiseplan. Als weitere günstige Bestandteile in der Ernährung gelten Kurkuma, Olivenöl, Rotwein und das in Tomatenmark enthaltene Lycopin.

Bestandteile aus Ingwer können ebenfalls Prostatakrebszellen schädigen. Eine Gruppe von US-Forschenden fand heraus, dass schon geringe Konzentrationen der im Ingwer enthaltenen Phenole das Wachstum von Krebszellen hemmen. In einem Bericht des Journal of Clinical Oncology wurde eine Studie zitiert, die sich mit der hemmenden Wirkung von Leinsamen auf Krebszellen beschäftigte. Demnach teilen sich Krebszellen dank Leinsamen langsamer. Weiter stellten verschiedene Studien fest, dass Granatapfelsaft bei Prostatakrebs eine schmackhafte und sinnvolle therapeutische Unterstützung ist. Durch die tägliche Aufnahme von Granatapfel-Extrakt über sechs Monate verzögerte sich das Krebswachstum und somit verlängerte sich die Lebenszeit des Betroffenen.

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