Freude für die Gesundheit
Positive Emotionen beeinflussen nachweislich unsere körperliche Gesundheit: Sie beruhigen das Nervensystem, stärken das Immunsystem und unterstützen die Organfunktionen.
Angela Bernetta

Freude, Liebe und Zufriedenheit sind weit mehr als nur Stimmungsaufheller – sie entfalten eine tiefgreifende Wirkung auf unsere Gesundheit. «Körper und Psyche sind eng miteinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig», erläutert Belinda Egli, Komplementärtherapeutin für Atemtherapie sowie diplomierte Meditations- und Yogalehrerin am Zürcher Gesundheitszentrum JIVITA. Die moderne Medizin und Psychologie unterstreichen zunehmend dieses Zusammenspiel zwischen seelischem und körperlichem Wohlbefinden. Studien zeigen, dass positive Emotionen das Nervensystem stabilisieren, die Hormonproduktion regulieren und die Organfunktionen fördern können.
Zusammenspiel von Körper und Psyche
«Unsere Gefühle wirken direkt auf körperliche Prozesse», weiss Belinda Egli aus Erfahrung. Ein anschauliches Beispiel ist die Wirkung von Angst: Schon die blosse Vorstellung einer Bedrohung kann körperliche Reaktionen hervorrufen. «Wenn wir nachts allein unterwegs sind und uns bedroht fühlen, steigen Puls und Anspannung – auch ohne eine tatsächliche Gefahr. Der Körper reagiert auf die Vorstellung und aktiviert den Flucht- und Kampfmodus.»
Emotionen wie Furcht, Ärger und Stress können Beschwerden wie Bluthochdruck und Magenbeschwerden auslösen. Dankbarkeit, Zufriedenheit und innere Ausgeglichenheit hingegen haben ebenso physiologische Effekte, jedoch wohltuender Natur. «Sie unterstützen den Parasympathikus, also den «Ruhemodus» des Nervensystems. Dies senkt die Herzfrequenz, vertieft die Atmung und reguliert den Blutdruck», ergänzt die Komplementärtherapeutin.
Positive Effekte auf die Organe
«Freude und Glück haben nachweislich positive Effekte auf die Organe», so Egli. Insbesondere das Herz profitiert davon, da angenehme Emotionen die Herzfrequenz senken und das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern können. Auch die Lungenfunktion wird gestärkt: Ein ruhiger, tiefer Atem verbessert die Sauerstoffversorgung und unterstützt das gesamte Kreislaufsystem. Selbst die Leber, das zentrale Entgiftungsorgan des Körpers, profitiert von einem ausgeglichenen Gemütszustand. Studien zeigen, dass Gefühle wie Wut und Frustration die Leber belasten, während Freude und Entspannung ihre Funktion fördern.
Freude, Liebe und Zufriedenheit stärken nachweislich das Immunsystem. Menschen, die regelmässig gute Gefühle erleben, sind weniger anfällig für Infektionen und erholen sich schneller von Krankheiten. Chronischer Stress hingegen schwächt die Immunabwehr, da er entzündungsfördernde Prozesse im Körper anstösst.

Emotionen stärken die Widerstandskraft
Positives Denken und Freude senken die Produktion von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol, versetzen den Körper in einen entspannten Zustand und fördern Heilungsprozesse – dies belegen zahlreiche Studien. Langfristig kann eine positive Grundhaltung chronische Entzündungen mindern und das Risiko für Autoimmunerkrankungen senken.
Wer dem Körper regelmässig Entspannung und Ausgeglichenheit gönnt, schützt die Organfunktionen und fördert das allgemeine Wohlbefinden nachhaltig. «Die Integration positiver Rituale in den Alltag und die bewusste Wertschätzung glücklicher Momente sind einfache und wirkungsvolle Wege, die Lebensqualität dauerhaft zu verbessern», ergänzt Belinda Egli. «Unser Körper hat eine begrenzte Lebenszeit, und je mehr Fürsorge wir ihm in Form von Entspannung und Ausgeglichenheit schenken, desto länger bleibt er fit und leistungsfähig.»
Die Wirkung der Glückshormone
Neben dem vegetativen Nervensystem spielen verschiedene Hormone eine entscheidende Rolle für das Wohlbefinden. «Wenn wir Freude empfinden, schüttet der Körper Hormone wie Dopamin, Serotonin und Endorphine aus – die sogenannten Glückshormone», erklärt Belinda Egli, Komplementärtherapeutin für Atemtherapie sowie diplomierte Meditations- und Yogalehrerin am Zürcher Gesundheitszentrum JIVITA.
Dopamin, der «Botenstoff des Glücks», aktiviert das Belohnungszentrum im Gehirn und sorgt für ein Gefühl der Zufriedenheit.
Serotonin, das Wohlfühlhormon, fördert das allgemeine Wohlbefinden und lässt uns optimistischer auf das Leben blicken.
Endorphine wirken als natürliche Schmerzmittel, die Stress abbauen und ein Gefühl der Euphorie hervorrufen können.
Zusätzlich wird bei zwischenmenschlicher Nähe Oxytocin freigesetzt, das sogenannte «Kuschelhormon». Oxytocin senkt den Stress, stabilisiert den Blutdruck und unterstützt Heilungsprozesse. Regelmässige angenehme soziale Interaktionen fördern so die Herzgesundheit und tragen entscheidend zum allgemeinen Wohlbefinden bei.
Strategien für mehr Freude im Alltag
«Um Freude, Liebe und Mitgefühl bewusst zu erleben, ist es hilfreich, persönliche Rituale in den Alltag zu integrieren», sagt Belinda Egli, Komplementärtherapeutin für Atemtherapie sowie diplomierte Meditations- und Yogalehrerin am Zürcher Gesundheitszentrum JIVITA. Es gibt zahlreiche Methoden, um diese positiven Emotionen zu fördern:
Freude fest im Alltag verankern: Aktivitäten finden, die Ihnen Freude bereiten, und diese regelmässig einplanen. So wird Freude zu einem festen Bestandteil des Alltags.
Wohlfühlzonen schaffen: Ruhige Ecken für Meditation oder Achtsamkeitspraxis einrichten. Ein gemütlicher Platz mit Kissen, Decke und Kerze kann die «Me-Time» besonders wertvoll gestalten.
Meditation und Achtsamkeit: Regelmässige Meditation kann den Parasympathikus aktivieren, Stress abbauen und langfristig das Wohlbefinden steigern. Metta- und Dankbarkeitsmeditationen sind besonders effektiv, um positive Gefühle zu kultivieren.
Ein Glückstagebuch führen: Das tägliche Festhalten positiver Ereignisse oder Begegnungen hilft, sich an die schönen Momente des Tages zu erinnern und die Freude länger zu bewahren.
Achtsamkeitsrituale in den Alltag integrieren: Ob ein Spaziergang in der Natur oder eine kurze Atemübung am Morgen – regelmässige Achtsamkeitsmomente beruhigen das Nervensystem und fördern das körperliche Wohlbefinden.
Langfristig dranbleiben: Die regelmässige Anwendung dieser Rituale ist entscheidend für nachhaltige positive Effekte. Mit der Zeit reagiert das Nervensystem immer entspannter, wenn die positiven Rituale kontinuierlich gepflegt werden.
«Ein Lächeln kann Wunder wirken»
Positive Emotionen fördern das körperliche Wohlbefinden und können Krankheiten vorbeugen. Lachyoga, Meditation und Achtsamkeit sind dabei wirkungsvolle Ansätze, wie Ute Liebhard* im Gespräch erklärt.
Interview: Angela Bernetta
«natürlich»: Welche Strategien oder Techniken gibt es, um Freude, Liebe oder Mitgefühl gezielt zu fördern und damit unser körperliches Wohlbefinden zu verbessern?
Ute Liebhard: Bereits ein bewusstes, absichtliches Lächeln oder Lachen – auch ohne äusseren Anlass – kann im Alltag wahre Wunder wirken. Humor hebt nicht nur die eigene Stimmung, sondern beeinflusst auch das Umfeld positiv. Darüber hinaus gibt es viele Wege, das Wohlbefinden zu fördern: tägliche Bewegung, achtsames Essen, Dankbarkeit für das, was man hat, und der bewusste Umgang mit freundlichen Menschen sind nachweislich wichtige Faktoren. Ebenso entscheidend ist es, klare Grenzen zu setzen und sich das Recht zu nehmen, auch einmal Nein zu sagen, um das eigene Gleichgewicht zu wahren.
Wie funktionieren Techniken wie Lachyoga, Meditation und Achtsamkeit?
Lachyoga kombiniert absichtliches Lachen mit Atem- und Dehnübungen sowie positiven Affirmationen. Dadurch werden Glückshormone freigesetzt und Stress reduziert. Meditation und Achtsamkeit fördern das bewusste Erleben des Moments und helfen ebenfalls, Stress abzubauen. Beide Methoden unterstützen innere Ruhe und Gelassenheit, regulieren Emotionen und stärken die Resilienz.
Inwiefern kann eine regelmässige Praxis von Lachyoga, Meditation oder Achtsamkeit helfen, das vegetative Nervensystem zu beruhigen?
Lachyoga, Meditation und Achtsamkeit fördern die Aktivierung des Parasympathikus, den «Ruhemodus» des Nervensystems. Dadurch kann der Cortisolspiegel (Stresshormon) gesenkt und die Ausschüttung von Dopamin, Endorphinen, Serotonin und Oxytocin – Hormone, die Wohlbefinden und Mitgefühl unterstützen – angeregt werden.
Welche körperlichen Effekte sind dabei nachweisbar?
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass absichtliches Lachen die Gesundheit positiv beeinflussen kann: Es senkt die Herzfrequenz, reduziert den Blutdruck, verbessert die Lungenfunktion, stärkt das Immunsystem und kann Entzündungsmarker verringern. Schon ein einmaliges Training zeigt positive Effekte, die durch regelmässiges Training nachhaltig verstärkt werden. Dennoch sollte Lachtraining den Arztbesuch nicht ersetzen, wenn gesundheitliche Bedenken bestehen.
Wie kann das bewusste Erleben von Freude, Liebe oder Mitgefühl zu einem besseren körperlichen Wohlbefinden führen?
Positive Emotionen fördern die Ausschüttung von Wohlfühlhormonen wie Oxytocin, welche die Entspannung, Heilung und Regeneration des Körpers unterstützen. Diese Gemütslagen senken den Stresspegel und steigern das allgemeine Wohlbefinden.
Können langanhaltende positive Gefühle wie Liebe und Mitgefühl auch präventiv auf körperliche Beschwerden oder Erkrankungen wirken? Wenn ja, wie äussert sich das?
Ja, regelmässige positive Gefühle wie Liebe und Mitgefühl können präventiv wirken, indem sie das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken und das Immunsystem stärken. Menschen mit hohem emotionalem Wohlbefinden erkranken seltener an stressbedingten Krankheiten.
*Ute Liebhard ist Vorstandsmitglied im Europäischen Berufsverband für Lachyoga und Humortraining.