Exquisite Exoten
Kategorie: Gesundheit
Exotische Früchte sind wegen ihrer schlechten Ökobilanz in Verruf geraten. Deshalb muss man Avocados oder Mangos aber nicht komplett vom Speisezettel streichen. Woraus es beim Einkauf ankommt.
Blitzschnell zubereitet, angenehm sättigend, unschlagbar gesund und immer wieder ein Genuss: Der mexikanische Avocado-Dip Guacamole gehört nicht nur bei Vegetarierinnen oder Veganern zum Repertoire, ob als Apéro-Snack oder Hauptmahlzeit. Darauf zu verzichten, würde vielen schwerfallen, liegt angesichts aktueller Negativ-Schlagzeilen aber nahe: Wer Avocados kauft, gilt als Umweltfrevler – wegen der langen Transportwege und des immensen Wasserverbrauchs beim Anbau. Rund 1000 Liter werden für ein Kilo Früchte benötigt.
«Das Problem ist der Hype, nicht die Frucht an sich», sagt Umweltwissenschaftler Claudio Beretta von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Avocados werden seit Jahrzehnten als begehrtes Superfood vermarktet. Die exponentiell wachsende Nachfrage habe zu Monokulturen geführt. In Mexiko etwa werden jährlich mehrere tausend Hektar Wald für die Avocadoproduktion gerodet, und das illegal. Ein grosses Problem ist zudem der Anbau in Regionen mit Wasserknappheit. Dies führt zu einem sinkenden Grundwasserspiegel und langfristig zu unbrauchbaren Böden.
« Die grosse Nachfrage z. B. nach Avocados oder Papayas führen zu Waldrodungen und Monokulturen.»
Der erdverträgliche Genuss
Dennoch findet es Claudio Beretta falsch, Avocados und alle anderen exotischen Früchte in einen Topf voller Umweltsünden zu werfen. Es gelte zu differenzieren. Klar ist, dass Flugimporte die Umwelt stark belasten. Papayas, bestimmte Mango-Sorten, Passionsfrüchte, Physalis, Litschis oder Babybananen gehören deshalb streng genommen nicht in den Einkaufskorb. Anders sieht es bei Bananen oder Zitrusfrüchten aus, wenn diese Bio- und Fairtrade-Labels tragen und mit Frachtschiffen importiert werden. Hier kann die Ökobilanz sogar besser ausfallen als jene von Schweizer Äpfeln, die mit Pestiziden angebaut und mehrere Monate lang in einem ineffizient betriebenen Kühlhaus gelagert wurden.
Klug kauft deshalb ein, wer ein paar Grundsätze beachtet und sich nach innovativen Bezugsquellen umschaut oben. Am umweltfreundlichsten ist es, zuerst die Vielfalt einheimischer und saisonaler Früchte auszuschöpfen. Zumal diese alle Nährstoffe liefern, die wir benötigen. Avocados oder Mangos kann man sich ab und zu gönnen – als Abwechslung und Ergänzung auf dem Speiseplan und Luxus für besondere Anlässe. So bleibt der Konsum etwas Exquisites und bleibt erst noch erdverträglich.
« Exoten können eine bessere Ökobilanz haben als Schweizer Äpfel, die mit Pestiziden angebaut und mehrere Monate gekühlt gelagert wurden.»
Einheimische und exotische Früchte: Tipps für den nachhaltigen Einkauf
- Bei exotischen Früchten auf Bio- und Fairtrade-Zertifikate achten. Konventioneller Anbau geht oft mit Kinderarbeit und krebsfördernden Arbeitsbedingungen einher. Besonders pestizid-intensiv sind beispielsweise Ananas-Plantagen.
- Labels sind eine gute Richtschnur. Einen Schritt weiter gehen Initiativen wie www.crowdfarming.com. Hier lassen sich Avocados oder Mangos zur Erntezeit direkt bei europäischen Produzenten bestellen. Denn Regionen wie das südspanische Málaga sind für tropische Früchte gut geeignet. Pluspunkt: Die jungen Landwirte und Landwirtinnen bauen biologisch an und setzen auf sparsame Bewässerungssysteme. Interessierte können die Farmen besichtigen.
- Die Hysterie um exotische Superfoods hat bedenkliche Formen angenommen, nicht nur, was die Umweltbelastung betrifft. Wohltuend ist, sich wieder auf das zu besinnen, was vor der Haustüre gedeiht und punkto Geschmack und Nährstoffe ebenso gut oder sogar besser abschneidet. Statt Avocados stehen Baumnüsse, Marroni, Leinsamen, Himbeeren oder Heidelbeeren zur Auswahl.
- Bei einheimischen Früchten gilt ebenfalls: Produkte aus Monokulturen meiden, Kleinproduzenten und Direktvermarkter berücksichtigen, wenn möglich Biofrüchte bevorzugen oder Bauernhöfe, die ohne Zertifizierung ökologische Produktion betreiben. Und: Nicht zu viel einkaufen, damit nichts verdirbt (weitere Tipps zum Thema siehe www.foodwaste.ch).
- Eine schöne und nützliche Idee: Seinen Obstgarten anderen für die Ernte öffnen. Auf den Plattformen www.meinobstgarten.ch oder www.mundraub.org. finden sich, manchmal sogar in der Nachbarschaft, Bäume mit pflückreifen Früchten. Es gibt auch Raritäten wie das Wildobst Speierling.
- Exotische Früchte aus Schweizer Anbau? Auch dies ist eine Möglichkeit. So werden beispielsweise in Allaman (VD) am Genfersee Biokiwis angebaut. Haarlose Mini-Kiwis, die mit Haut gegessen werden, gibt es aus dem Thurgau. Und einzelne Landwirte versuchen es rund um den Bodensee mit Pawpaw-Bananen, die optisch und geschmacklich an Mangos erinnern.