Durch Bewegung im Gleichgewicht
Der Mensch als ganzheitliches Wesen im Zentrum, das ist der Grundgedanke der Osteopathie, die einst als Ergänzung zur Schulmedizin entstand. Das Ziel ist immer, das individuelle Gleichgewicht im Körper wiederherzustellen.
Blanca Bürgisser
D ie Osteopathie basiert auf der Schulmedizin, ist jedoch mehr als die blosse Behebung von konkreten Funktionsstörungen – nämlich eine manuelle und ganzheitliche Therapieform», erklärt Christian Streit, Geschäftsführer des Schweizerischen Osteopathieverbandes. Der personenzentrierte Ansatz prägt die Arbeit der Osteopath*innen. Das bedeutet, dass sie sich bei der Behandlung nicht nur auf die körperlichen Beschwerden konzentrieren, sondern auch die persönlichen, sozialen, psychischen und beruflichen Lebensumstände berücksichtigen.
Die Osteopathie geht davon aus, dass Bewegung zentral ist für unser Leben und unsere Gesundheit. Dabei sind keineswegs nur die grossen, äusserlichen Bewegungen gemeint, sondern jede noch so kleine Regung in unserem Organismus. Sogar auf der Ebene der Zellen. Dank dieser Bewegungen kann der menschliche Körper eine schier unendliche Anzahl von Aufgaben erfüllen. Die Osteopathie geht davon aus, dass all diese Funktionen miteinander und mit unserem Körper und unseren Organen zusammenhängen. «Ziel der Osteopathie ist es nun, also den Zusammenhang der funktionellen Leiden zu den verschiedenen Systemen des menschlichen Organismus zu finden», erklärt Christian Streit, «um dann das Gleichgewicht im Körper wiederherzustellen.»
Fingerspitzengefühl
«Bei Beschwerden können Patient*innen direkt, ohne ärztliche Verordnung einen Osteopathie-Termin vereinbaren», betont Christian Streit. Die Behandlung beginnt immer zuerst mit einer ausführlichen Anamnese, bei der sich Osteopath*innen auch nach Aspekten wie dem psychischen Befinden oder der Ernährung erkundigen. Dann folgt die Untersuchung. Dabei testen Osteopath*innen sorgfältig den gesamten Körper und suchen nach verminderter Beweglichkeit, Elastizität und Biegsamkeit sowie auffälligen und erhöhten Spannungen.
«Mit Fingerspitzengefühl, Konzentration und exakten physiologischen und anatomischen Kenntnissen setzen sie im Anschluss daran entsprechende manuelle Impulse zur bestmöglichen Wiederherstellung der Beweglichkeit und Verbesserung der Funktionen des Organismus ein», erläutert Christian Streit das Vorgehen. Dabei kombinieren Osteopath*innen verschiedene manuelle Techniken für die jeweiligen Körpersysteme.
«Bewegung ist zentral für unseren Körper und unsere Gesundheit. »
So besteht die Osteopathie aus drei Säulen: Der parietalen Osteopathie, die sich mit dem Muskel-Skelett-System befasst, der visceralen Osteopathie, die sich mit den Organen beschäftigt, sowie der craniosacralen Osteopathie, die das Gehirn, das Rückenmark, die Hirnhäute und die Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit beinhaltet.
Für jedes Alter
In die osteopathische Behandlung kommen Patient*innen aus den unterschiedlichsten Gründen. Besonders häufig kommt Osteopathie bei chronischen Schmerzen und unklaren körperlichen Beschwerden zum Einsatz. Aber auch bei diversen anderen Anliegen wie Verdauungs- oder Menstruationsbeschwerden, Hexenschuss, Schleudertrauma, Kopfschmerzen, Schwindel oder Atemwegserkrankungen verschafft die Osteopathie Linderung. Die Osteopathie eignet sich für alles Altersgruppen, von Säuglingen bis zu Senior*innen. •
Die Geschichte der Osteopathie
Als Begründer der Osteopathie gilt der US-amerikanische Arzt Dr. Andrew Taylor Still (1828–1917). Gesundheitliche Probleme und persönliche Schicksalsschläge veranlassten ihn dazu, nach einer neuen Behandlungsmethode zu suchen, die von der klassischen Schulmedizin abwich. Auf seiner Suche lernte er von Geistheiler*innen, Spiritualist*innen, Magnetiseur*innen und vielen mehr. Dabei schaute er stets, welche Elemente die jeweilige Behandlungsform erfolgreich machten. Zu Beginn sah er seine Entdeckungen lediglich als Erweiterung der traditionellen Schulmedizin. Nach und nach entwickelte er jedoch seine eigene Methode, wobei er die Bezeichnung Osteopathie erstmals 1889 verwendete. Durch die enge Zusammenarbeit mit medizinischen Fakultäten erreichte Dr. Andrew Taylor Still die Anerkennung der Osteopathie in mehreren US-Bundesstaaten sowie die Gründung von Spitälern für Osteopath*innen.
Als Berufsverband setzt sich der Schweizerische Osteopathieverband für qualitativ hochstehende osteopathische Behandlungen für Patient*innen ein und trägt zur Gesundheitsförderung und Prävention der Bevölkerung bei.www.fso-svo.ch