Mach dir das Leben leichter!

Dies muss unbedingt, jenes auch, und das hier auf jeden Fall. Unser Leben ist voll mit Dingen, Terminen und Pflichten, ohne die es scheinbar nicht mehr geht – und täglich machen wir es noch voller. Darunter leidet unsere Zufriedenheit, und deshalb ist es an der Zeit, das eigene Leben ein bisschen auszumisten.

Markus Kellenberger

Durchschnittlich 10 000 Gegenstände besitzt ein erwachsener Mensch. Erst wollte ich das, was ich in einer Studie las, nicht glauben, aber dann machte ich einen Rundgang durch meine Wohnung. In der Küche fing ich an. Möbel, Geschirr, Besteck, Nippes, Töpfe, Pfannen, Vasen, Vorhänge, Lampen, Vorräte, der Putzschrank, die Werkzeugkiste, die Schublade mit all dem Krimskrams und den zurückgelegten Geschenkpapieren, und dann noch die Regale ganz zuoberst, wo all die Gegenstände verstaut sind, die ich schon ewig nicht mehr in Händen hielt … stumm ging ich noch durch das Wohn-, das Arbeits- und das Schlafzimmer und nahm einfach nur wahr, was da alles so herumsteht oder in Schränken und auf Regalen lagert. Den Keller ersparte ich mir, denn mit dem Zählen hatte ich in der Küche bereits aufgehört. Zehntausend Dinge! Und das sind nur die materiellen. Zu ihnen gesellen sich noch all unsere Pflichten und Verpflichtungen, die ebenfalls nicht weniger werden. Da sind nicht nur die fällige Steuererklärung, das Online-Formular für die Versicherung oder das nötige Update für irgendein Gerät, sondern auch die beruflichen und privaten Termine, welche die Agenda auf Wochen hinaus füllen. Von den täglichen Haushaltsarbeiten reden wir erst gar nicht, aber zusammenfassend kann man sagen: unser Leben ist im Äusseren wie auch im Inneren ziemlich vollgestopft.

Kein Wunder, träumen viele Menschen davon, weniger zu haben und dafür wieder mehr zu sein. Ein sinnvolles Leben hängt nämlich nicht von möglichst vielen Gegenständen und Verpflichtungen ab. Zeit mit lieben Menschen zu verbringen, ist letztlich erfüllender als ein perfekt geführter Haushalt, und innerlich in Balance zu sein, ist befriedigender, als jeden Konsumtrend mitzumachen. Doch unser übervoller Alltag verstellt den Blick auf die eigentlichen Werte des Lebens, und so rennen wir Dingen und Tätigkeiten hinterher, die uns für einen kurzen Moment vielleicht glücklich machen, uns langfristig aber belasten. Weniger ist mehr – und das fängt damit an, sich von äusserem und innerem Ballast zu befreien.

Entrümpeln im Äusseren
Dinge loswerden, die eigentlich überflüssig sind, ist gar nicht so einfach. Oft hängen wir aus irgendeinem Grund an ihnen – oder wir glauben fest daran, sie irgendwann einmal wieder brauchen zu können. Ich denke da zum Beispiel an meinen Grossvater, der zeitlebens selbst rostige und krumme Nägel in einer grossen Kiste hortete, weil … man weiss ja nie.

Diese drei Methoden helfen, alte Sachen loszuwerden:
Methode «klein anfangen»: Nehmen Sie sich jeden Tag eine Schublade oder ein Regal vor, räumen Sie es aus, putzen sie es – und entscheiden Sie dann Stück für Stück, was es wert ist, wieder eingeräumt zu werden. So kommen Sie jeden Tag ein bisschen vorwärts, und das motiviert.

Methode «nach Kategorien vorgehen»: Nehmen Sie sich am Tag eins des Aufräumens nur die Kleider oder das Geschirr vor. Schauen Sie sich jedes Teil genau an und fragen Sie sich: Macht mich dieser Gegenstand wirklich glücklich? Falls ja, kommt er wieder in den Schrank, falls nein, wird er entsorgt.

Methode «Fragen stellen»: Nehmen Sie jeden Gegenstand in die Hand. Die zu stellenden Fragen lauten: Habe ich dieses Ding im letzten Jahr jemals gebraucht? Würde ich es wieder kaufen? Hat es dafür Platz in der Wohnung? Lautet die Antwort nicht mindestens einmal Ja, kommt der Gegenstand weg.

Entrümpeln im Inneren
Die eigene Wohnung aufzuräumen ist ein wichtiger Schritt in Richtung vom mehr Leichtigkeit. Jetzt geht es darum, sich auch im Kopf von überflüssigem Gerümpel zu befreien. Drei Strategien führen zum Ziel.

1. In der Gegenwart leben: Oft können wir einen schönen Moment, zum Beispiel einen prächtiger Sonnenuntergang, nicht geniessen, weil die Zukunft (was ich morgen alles tun sollte) oder die Vergangenheit (was habe ich da bloss gemacht) gedanklich rein­grätscht. Dagegen hilft ein Prinzip aus der Achtsamkeitsmeditation, das da lautet: Lassen Sie den aufdringlichen Gedanken zu, nehmen Sie ihn zur Kenntnis – und lassen Sie ihn wie einen ungebetenen Besucher einfach stehen. Wenden Sie sich wieder dem schönen Augenblick zu.

2. Das Erreichte feiern: Oft beschäftigen wir uns nur mit dem, was wir nicht getan haben, was uns misslungen ist oder mit Umständen, die wir sowieso nicht ändern können. Dabei vergessen wir leicht, was wir schon alles erreicht haben. Unser Anspruch an die eigene Perfektion oder die Angst, nicht geliebt zu werden, wenn wir dies und jenes nicht tun, steht uns dabei regelrecht im Weg. Lassen Sie die Fünf auch mal gerade sein. Ja, die Küche ist ein Chaos – aber das Wohnzimmer ist super aufgeräumt. Belohnen Sie sich dafür mit einer herrlich entspannenden Pause (siehe Punkt 1), in der Sie nur tun, was Ihnen – und nur Ihnen – gefällt. Alles andere kann warten.

3. Dankbar sein: All die Sorgen, Nöte und Termine, über die man täglich jammert, versperren den Blick auf die vielen kleinen Wunder und wunderbaren Begebenheiten, die einem der Alltag schenkt. Das kann eine liebenswerte Textnachricht sein, die ersten Blumen am Wegrand oder ganz einfach der Duft von frischem Kaffee. Üben Sie sich darin, sich ihnen bewusst zuzuwenden. Danken Sie dem Leben für all den Reichtum, den es Ihnen auch im Kleinen immer wieder schenkt – Sie haben es sich verdient.

Buchempfehlungen

Niklaus Kuster
«Weniger haben – mehr sein», Verlag Patmos, 2024

Christof Hermann
«Das Minimalismus-Projekt – 52 praktische Ideen für weniger Haben und mehr Sein», Verlag Gräfe und Unzer, 2020

Haben Sie Fragen?
Markus Kellenberger begleitet Menschen auf der Reise ins Innere und beantwortet Ihre Fragen aus den Bereichen Leben, Liebe, Glaube und Spiritualität persönlich und ganzheitlich. m.kellenberger@weberverlag.ch

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1 Kommentar

Ein sehr wertvoller Beitrag! herzlichen Dank. Super (auch mit entsprechendem
Humor) ausgestattet. werde mir die halbe Nacht ueberlegen, WELCHE Schublade; Schublade zuerst dran ist. Wenn es als Luxuxproblem erkannt wird, ist es grad auch recht. Doch nicht jeder geht mit solchem sogenannten ‘Druck’ (von aussen) gleich -,um. Ihr Magazin sowie Aktualitaet ist schon ‘immer’ enorm eindruecklich, echt und lehrsam gewesen. 👍👍👏👏🙌🏿🐏🌕🦚

Widmer Katarina

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